Smart Urbanisms? Thesen zur digitalisierten Stadt zwischen Utopie und Dystopie

Antrittsvorlesung von Univ.Prof.in Anke Strüver am 28.3.2019

Unter diesem vielversprechenden Titel läutete Univ. Prof.in Anke Strüver sieben Monate nach ihrem offiziellen Dienstantritt an der Universität Graz das Sommersemester des Geographischen Kolloquiums ein. Nach Grußworten durch den Institutsleiter, die Dekanin und den Vizerektor für Lehre wurde der Begriff „smart“ von der Vortragenden kritisch unter die Lupe genommen und als leeres Signifikant „geoutet“. Dass das Signifikat „smart“ gar nicht so inhaltsleer ist, wurde durch den kurzweiligen und facettenreichen Vortrag verdeutlicht.

In zusammengesetzter Form ist der Begriff der „Smart City“ laut Strüver seit 2015 fester Bestandteil des öffentlichen und wissenschaftlichen Diskurses im deutschsprachigen Raum und hat seither inflationäre Ausmaße erreicht. Dies lässt sich auch am Beispiel von Graz mit dem Spatenstich zur Smart City in der Waagner Biro Straße belegen, wenngleich die Planungsphase und öffentliche Diskussion wesentlich weiter zurückreichen. Hinter dem „Smart City Konzept“ steckt eine wahre Fülle an auf den ersten Blick positiven Attributen, beginnend bei ressourcenschonend, über nachhaltig bis hin zu intelligent. Strüver richtet den Blick der Zuseher- und -hörerInnen auf die Defizite dieses Konzeptes, nämlich die geringe Berücksichtigung von Menschen und deren Bedürfnissen. Der unkritische Technologieglaube lässt hier räumlichem Re(a)gieren durch digitale Umgebungstechnologien freien Lauf ohne gesellschaftliche Verankerung.

Gerade hier setzt die Dystopie an: Das gut getarnte Geschäftsmodell der Smart City bedient die ökonomische und politische Elite und vergrößert die digitale und somit auch soziale Kluft. Darüber hinaus werden Probleme, wie z.B. Staus, technisch nur vorrübergehen gelöst und durch Rebound-Effekte zunehmend verstärkt. Ganz abgesehen vom über uns schwebenden Damoklesschwert der (persönlichen) Daten, die es zu kontrollieren und zu schützen gilt.

Der Hoffnungsschimmer am Firmament des Smart-City-Himmels an diesem Abend ist wohl die Gewissheit, dass es nach wie vor nicht gelungen ist, eine Urbanität ohne Gesellschaft zu erschaffen und am Leben zu erhalten.